top of page
Beatrice Bohlig

16 Elektromodelle aus neuen Blickwinkeln

Vom Hypersportscar zum Leichtkraftfahrzeug: Die herausragenden Eigenschaften von 16 Elektromodellen aus neuen Blickwinkeln.



Man(n) hat es mich oft gefragt: Frauen und E-Mobilität, was soll denn daran so besonders sein? Nun, es ist ja richtig: Themen wie Total-cost-of-Ownership, Ladegeschwindigkeit oder Reichweite treiben uns alle gleichermaßen um.


Dennoch gibt es gewisse Unterschiede bei wichtigen Anforderungen des Alltags. Parkplätze für Mutter und Kind etwa bietet inzwischen fast jeder Supermarkt, speziell gesicherter Parkraum für Frauen findet sich oft selbst in den dunkelsten Tiefgaragen. Hingegen sind hell ausgeleuchtete und überdachte sowie per Video überwachte Stromzapfsäulen leider nach wie vor die Ausnahme.


Besonderheiten wie den Wunsch nach Türgriffen, die sich auch mit langen Fingernägeln problemlos betätigen lassen, mögen manche Menschen banal finden. Das Lob für Schminkspiegel in einer praxistauglichen Größe. Den Tadel für das Fehlen einer akzeptablen Ablage für die neue Lieblings-Clutch oder altbewährte Reisetasche. Mir wiederum sind auch derlei Kleinigkeiten wichtig. Etlichen meiner Freundinnen übrigens nicht minder.


Kriterien wie diese galt es also ausdrücklich ebenfalls zu beachten bei der eingehenden Beschäftigung mit so spannenden wie grundverschiedenen Elektroautos à la Cupra Born VZ, Karma Revero, Nio ET 5 und einigen mehr.


Bevor ein Sturm der Entrüstung anhebt, weil kein Audi die folgenden Seiten ziert, kein BMW, Lucid, Mercedes oder Tesla: Die Redaktion hat hier bewusst Platz für interessante Neulinge wie den Cadillac Lyriq und skurrile Stromer in der Art des Opel Rocks Electric geschaffen.


Für nahezu jeden Geschmack sollte etwas dabei sein: ob Klein- und Kompaktwagen, SUV oder ein Supersportler. Die E-Mobile unserer neun Marken stammen aus Deutschland, China, Kroatien, Spanien und den USA. Die Preise der Stromer in Bestform reichen vom vier- bis hinauf in den siebenstelligen Bereich.


Das blaue Wunder


Spektakel verheißt der Rimac Nevera schon im Stand. Da ist sein bis in die kühne Formgebung der schmalen Scheinwerfergehäuse und filigranen Heckleuchten forsches Design. Doch wirkt der Zweisitzer aus keiner Perspektive aggressiv oder gar aufdringlich. Da sind die eines 1408 Kilowatt starken und 350 km/h schnellen Hypercars würdigen Proportionen: Rund zwei Meter breit ist dieser E-Bolide aus Kroatien, 4,75 Meter lang – und 1,24 Meter flach. Und da sind die Schmetterlingstüren, deren Auf- und Abschwingen stets bewundernde Blicke begleiten.


Als extraordinär erweist sich der auf 110 Exemplare limitierte Exot erst recht auf der Rimac-eigenen Prüf- und Rennstrecke unweit der kroatischen Metropole Zagreb. Auch hier gilt: Ob Old-School-Journalistin oder Influencerin aus der schönen neuen Medienwelt – eine Automobil-Aficionada soll Worte finden für das, was sie gerade erlebt.


Ihr Problem allerdings in diesem Fall: Die Beschleunigung des Rimac Nevera macht sprachlos. Buchstäblich den Atem raubende Nur 9,2 Sekunden vergehen für den Spurt aus Tempo null. Nein, nicht bis zum Wert aus dem Kneipentischklassiker, also 100 Stundenkilometern. In gut neun Sekunden erreicht jener blaue Brummer, den Rimac als Testwagen zur Verfügung stellt, vielmehr Formel-1-Tempo 300.


Mir genügte dieser einzigartige Ritt auf der Kanonenkugel bis 150 km/h für die Feststellung: Wer nicht am eigenen Leib spürt, mit welcher Vehemenz der Nevera nach vorn zu schießen vermag, wird es nicht glauben. Doch Firmengründer Mate Rimac will mehr: In der betont sportiven „R“-Version (40 Exemplare à 2,3 Millionen Euro netto, Foto unten), in der ich schon mal Platz nehmen durfte, sollen statt umgerechnet 1.914 PS wie im „Standardmodell“ sage und schreibe 2.107 Pferdestärken zur Verfügung stehen. Krass.


 

Raffiniert kreiert unter der Sonne des Südens


Wayne Griffiths (Foto unten) habe ich nach seiner größten beruflichen Herausforderung gefragt. „Eine neue Marke zu etablieren“, sagte der Chef der spanischen VW-Tochter Seat, „viele haben gedacht, dass wir es nicht schaffen“.


Cupra, das sportive Sublabel von Seat, mischt seit 2018 munter im Automarkt mit. Als zentrale Markenwerte nennen Griffiths und sein Team „Einzigartigkeit, Raffinesse, Performance“. Just diese Attribute werden auch eingelöst von einem neuen Duo: Den beiden Cupra-Stromern Tavascan sowie dem Born in der Topversion VZ (Foto oben).


Es liegt auf der Hand, dass der kompakte Born VZ Performance bietet mit seinen 240 Kilowatt. Raffinesse findet sich unter anderem in der Sonderfarbe Dark Forest, die dem Spitzen-Born vorbehalten ist. Der Lackton Midnight Schwarz gefällt mir ebenfalls, er ist für alle Born-Versionen erhältlich.


Der als einziger Cupra in China produzierte Tavascan sagt mir als Reisewagen zu. Sein Gepäckabteil bietet viel Platz für einen Klapp-Scooter, Aktentaschen, Kleidersäcke und zig Koffer. In einem verstaue ich gern bequeme Sneakers und weiteres Wechselschuhwerk, für lange Strecken sind High Heels keine Option.


Die Arbeit mit Cupra halte ihn jung, betonte Griffiths, Jahrgang 1966: „Es ist viel Wayne in Cupra“, sagte er mir, „und es ist viel Cupra in Wayne.“



 

Stromer für Youngster


Der Opel Rocks Electric ist einfach anders. Optisch, jedoch auch, was sein cleveres Lowtech-Konzept angeht: Ein würfelförmiger Kleinstkraftwagen mit nur 9,4 kW Höchstleistung.


Dazu kommt dieser Einstieg – buchstäblich – in die Elektromobilität auf vier Rädern: Wann zuletzt mag ich ein Testgerät per 90-Grad-Dreh eines schlichten Zylinderschlüssels, kaum größer als der für meinen Briefkasten, entriegelt haben? Und die Fahrerinnentür des in der Tekno-Version für 9.140 Euro erhältlichen Leichtfahrzeugs ist hinten angeschlagen, sie öffnet mithin vorn. In der Finanzierung, so Opel-CEO Florian Huettl (Foto oben) im Gespräch mit electricar, kostet ein Rocks Electric „weniger als eine Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr“.


Er bereitet Freude, der schnuckelige Stromer, eng verwandt mit dem Citroën Ami: Beim Surren im Stadtgebiet, wo der Rocks trotz seiner auf 45 km/ h begrenzten Geschwindigkeit kaum je als rollendes Hindernis verhaltensauffällig wird. Unter jungen Leuten, die mit dem Führerschein AM schon als 15-Jährige an das tiefschwarze Volant mit dem neongelben Blitz-Logo dürfen. Erst recht beim Laden – ganz simpel mit Verlängerungsschnur durch das gekippte Kellerfenster an der Haushaltssteckdose.




 

Der ET 5 von Nio zielt auf die goldene Mitte


Mit Autos von Nio verbinde ich eine bemerkenswerte Besonderheit in deren Elektrizitätszufuhr – und ein niedliches Human-Machine-Interface im Innenraum mancher der Stromer aus China.


Das Mittelklassemodell ET 5 als Limousine konnte ich rund um Düsseldorf ausgiebig lenken. In Hilden war damit Schluss. Zumindest für einige Minuten – an und in der dortigen Power-Swap-Station. Denn vor diesen Ladepunkten übernimmt der Computer das Volant, richtet den Wagen über speziellen Wechselwerkzeugen aus – und startet den Austausch des Akkupacks.


„Nio-User können je nach Bedarf entweder eine Standard- oder Long-Range-Batterie abonnieren“, so erklärt es das Unternehmen. „Die leere Batterie kann einfach und schnell an den Power-Swap-Stations gegen eine geladene getauscht werden“.


Im ET 5 als Touring (Foto) vermisst habe ich „Nomi“, das HMI-Konzept aus dem Sedan. Mit ihren Kulleraugen und der warmherzigen Stimme ist die kugelförmige Sprachassistentin auf dem Cockpit eine ausgesprochen charmante Begleiterin. Dafür hat jener Kombi, den ich in Hamburg fuhr, andere Vorzüge – naturgemäß etwa seinen riesigen Laderaum.


 

E-Sportler mit Benzinmotor


Hat der Revero von Karma eine Würdigung in electricar verdient? Immerhin steckt unter der Fronthaube des schnittigen Viertürers ja eine Verbrennungskraftmaschine.


Dieser 1,5-Liter-Motor allerdings treibt keineswegs direkt die Räder an, er dient vor allem zum Laden der Traktionsbatterie: Knapp 130 Kilometer im rein elektrischen Fahrbetrieb, den der Hersteller aus dem kalifornischen Irvine als Stealth-Mode bezeichnet, sollen möglich sein.


Karmas Dreizylinder ist den Fans flotter Fortbewegung aus dem Scherentürer i8 von BMW bekannt. Etwas agiler noch als der bayrische Hybridsportwagen vermag der Elektroflitzer Revero von null auf Tempo hundert zu beschleunigen: laut Anbieter in unter vier Sekunden.


Bei der Testfahrt im niederländischen Hilversum, wo die Zentrale des Hauses Kroymans auch Karmas Importeur für Europa beherbergt, kamen am beachtlichen Spurtvermögen keine Zweifel auf. Mehr Freude bereitete mir jedoch das entspannt-dynamische Dahingleiten.



„Unser Markenversprechen besteht darin, hochwertige Luxusfahrzeuge und -technologien anzubieten, die von Innovation und atemberaubendem Design getragen werden“, sagte Marques McCammon (großes Foto), der President von Karma Automotive, bei meinem Besuch in Nordholland. Der Karma Revero sei „auf Vielseitigkeit in der Praxis ausgelegt“ und vereine „das Beste aus allen möglichen Welten“.


 

Reisen wie im Reich der Mitte


In zwei Fahrzeugen des chinesischen Herstellers Zeekr war ich bisher unterwegs – mit dem Shooting Brake namens 001 und im X, einem kompakten SUV. Für das Topmodell mit den drei Ziffern wie auch beim Hochsitz mit schlichtem Buchstaben (Foto unten rechts) gilt: Die Qualitätsanmutung ist hoch. Bei den Spaltmaßen. Durch die Auswahl gediegener Materialien. Und in der Geräuschentwicklung – ob im Stadtverkehr, Schnellstraßenbetrieb oder auf Rumpelpfaden.


In meinen Gesprächen mit Spiros Fotinos (großes Foto) zeigte sich der Europa-CEO der Geely-Marke denn auch so selbstbewusst wie angriffslustig. Zeekr, das wurde deutlich, scheut keinen Vergleich mit Audi, BMW oder Mercedes-Benz. In Schweden und den Niederlanden sind beide Stromer aus dem Reich der Mitte bereits erhältlich, nun steht mit Norwegen der Markteintritt im gelobten Land der E-Mobile an. Zu den für Deutschland geplanten Aktivitäten gibt es von Zeekr kaum aktuelle Informationen.



Sicher ist: Für eine Frau wie mich, die gern lange Fingernägel trägt, sind die automatisch ausfahrenden Türgriffe des Zeekr 001 eine Wohltat. Handschmeichler mal anders. Beim X haben mich die Vordersitze komplett überzeugt. Sie geben ordentlich Halt in zügig durchmessenen Kurvenpassagen und sind zugleich wohltuend behaglich gepolstert.

 

Luxus im Sportsitz und auf schmalen Satteln


Porsche ist Premium, schon klar. So bietet die Stuttgarter Sportwagenmarke des Wolfsburger VW-Konzerns mit dem Taycan einen mindestens 101.500 Euro teuren und schon als Basismodell stolze 300 Kilowatt starken Nobelstromer an. Was hingegen viele nicht wissen: Das Unternehmen hat auch eine Reihe flotter E-Bikes im Programm. Diese ermöglichen etwa der berufstätigen Frau eine willkommene Verbindung von Elektromobilität auf vier und zwei Rädern.


Vor allem in jener Kilowattkombi, die ich ausprobiert habe: Ein Testwagen des Typs Taycan Turbo Cross Turismo mit der „Vorrüstung Fahrradheckträger“. Dazu die Lastenplattform aus dem Tequipment-Sortiment (kleines Foto) und je ein E-Bike der Typen Sport und Cross, beide mit leichtem Carbonrahmen.


Am Taycan begeistern mich die Reichweite und natürlich der Anschub: Für den Turbo Cross Turismo gibt der Hersteller 601 km (WLTP) an – und 2,8 Sekunden von null auf 100 km/h.


Die Akkufahrräder habe ich wegen ihrer bissigen Scheibenbremsen in bester Erinnerung. Und weil Zulieferer Shimano die E-Unterstützung klug nach „Eco“ und „Trail“ sowie „Boost“ gestaffelt hat. In Stufe „Aus“ geht es mit purer Muskelkraft voran.



 

Dynamisches Design aus Frauenhand


Pere Brugal ist der Mister President von General Motors Europe. Mit Blick auf den Lyriq, das ab 79.000 Euro erhältliche E-Flaggschiff der GM-Nobelmarke Cadillac, erläuterte er mir drei zentrale Produktversprechen: „Design, Innovation, Luxus“. Für das erstgenannte Kriterium zeichnet Magalie Debellis verantwortlich. Und die Chef-Designerin sagt von sich selbst: „Ich liebe Mode, Kunst, Architektur“. Nun, da bin ich ganz bei ihr.


Als formal hinreißend gelungen empfinde ich den Bildschirm sowie die markante Heckbeleuchtung des US-Stromers aus dem Ex-Saturn-Werk Spring Hill/ Tennessee. Die dort verbauten Fahrakkuzellen liefert Ultium Cells zu, ein Joint-Venture von GM und LG Energy Solution: „Batterie-Garantie 8 Jahre oder 160.000 km – je nachdem, was zuerst eintritt“, lässt GM wissen. Mit namhaften Vertragswerkstätten arbeitet Cadillac auf dem deutschen Markt: Brass, Kramm, Geiger, Jacobs.


Die Lyriq-Bereifung für anspruchsvolle Zielkunden in Deutschland steuert Continental bei: Vier Pneus der Serie Premium-Contact-6 in der stattlichen Größe 275/ 45 R21 V. Nicht minder selbstbewusst ist der Verzicht auf einen Heckscheibenwischer bei diesem SUV: „Die strömungsgünstige Form machte es möglich“, so Brugal.


Als Wahl-Hamburgerin gefällt mir der Lyriq-Lackton Opulent Blue Metallic gut. Das ist endlich mal ein zutiefst hanseatisch gediegenes Blau! Ein dazu Ton in Ton passendes Outfit habe ich schon. Aufpreis: 950 Euro. Für Cadillacs stilvolle Sonderfarbe, wohlverstanden.

 

Ein ID-Typ für alle Fälle


Mit VW-Testwagen der Typen ID.3 und ID.4 sowie dem ID.5 hatte ich schon das Vergnügen, ebenso mit dem ID.Buzz in seiner Pkw- wie auch in der Cargo-Version. Komplett überzeugt hat mich Volkswagens ID.7, zunächst als Limousine (Foto links) – und jüngst als Kombinationskraftwagen namens Tourer (Foto oben).


Die Gründe sind so vielfältig wie die Konzeptionen der elektrisch angetriebenen Modelle: Beide Varianten verbinden harmonisch abgestimmte Fahrwerke, präzise Lenkungen, zupackende Bremsen und – bei nicht allzu schwerem Stromfuß – vernünftige Energieverbrauchswerte. Der GTX-Ausführung spendiert VW eine 86-kWh-Batterie und damit bis zu 584 Kilometer Reichweite im E-Kombi.


Ihn, den Tourer, würde ich seinem Sedan-Pendant sogar leicht vorziehen, denn hier fühlt sich der Hund im Heck nicht nur nach Spaziergängen bei Hamburger Schmuddelwetter pudelwohl. Ich selbst finde als groß gewachsene Frau in der ersten Reihe beider ID.7 wie auch auf den Rückbänken angenehm luftig bemessene Platzverhältnisse vor.



Einen Grundpreis von 63.955 Euro stellt VW für den ID.7 GTX als Tourer in Rechnung, dafür gäbe es zwei kom pakte ID.3. Doch teile ich beim norddeutschen Siebener das Eigenlob des Herstellers: elektrische Dynamik, elegantes Design, praktisches Raumangebot für den Alltag.


Mit „Dynamik“ auch gemeint: Nur 5,5 Sekunden vergehen beim Spurt aus dem Stand auf Landstraßentempo hundert. Und das ist ganz schön flott für ein Familienauto.

Comments


bottom of page