Kolumne Kurt Sigl: Comeback der Stecker-Biker
- Kurt Sigl
- vor 3 Stunden
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Kennen Sie das? Draußen tobt der Sturm und man selbst ist dankbar und froh, im Warmen zu sitzen und das richtige Plätzchen gefunden zu haben. Ich rede weniger von vergangenen Wintermonaten als mehr über mein mentales Zuhause. Während die Elektromobilität weiter im Sturm der Diskussion steht, gerade ist wiedermal die Aufweichung der Klimaziele im Gespräch und damit die Entschleunigung der Mobilitätswende, fühle ich mich im Kreis der echten Anhänger gnadenlos bestätigt: Sie fahren auch ohne planwirtschaftliches Amen.
Als besonders resilient erweisen sich die elektrischen Zweiradhersteller, nicht eben Großkonzerne, eher Manufakturbetriebe, dafür mit besonderer Zähigkeit. Wer mich kennt, weiß, ich selbst bin großer Freund von Johammer und Energica. Dennoch muss ich heute feststellen: Was die Motorradhersteller RGNT und Brekr derzeit liefern, ist aller Ehren wert. Beide Unternehmen haben harte Zeiten hinter sich. Auch wurden hauseigene Fehler gemacht, doch sie liefern gerade ein megastarkes Comeback.
Die Schweden hinter RGNT haben nach einer Insolvenz die Sanierung hingelegt. Weniger Personal, weniger Individualisierung, keine externen Investoren und günstiger im Preis – so konnte das Zweirad wie Phönix aus der Asche wieder auferstehen. Ähnlich Brekr. Bei den Holländern sah es düster aus, Insolvenz musste angemeldet werden. Doch jetzt übernimmt eine neue Muttergesellschaft.
Warum diese Hersteller so hartnäckig sind? Weil die technische Effizienz der Maschinen ihre eigene Sprache spricht und die menschliche Begeisterung einfach nicht aufzuhalten ist. Auch Motorräder sind Nutzfahrzeuge für den Arbeitsweg, zum Pendeln, jedoch genauso für die Ausfahrt mit den Kumpels ins Gebirge oder hinaus aufs Land.
Urbane Elektromobilität mit Stil und Charakter sowie dem Freiheitsgefühl mit PS und Klimarücksicht bahnt sich ihren Weg. Die sogenannten Stecker-Biker lassen sich nicht abbringen. Das gleichnamige Branchenportal holt gerade tief Luft. Und ich rieche schon die nächste Bergfahrt. Danke für dieses Zuhause!

Hier schreibt der Kurt Sigl
Er streitet, poltert und insistiert. Er treibt und verbindet, erklärt und stört. Kurt Sigl ist Experte der Elektromobilität und schickt für jede Ausgabe von electricar eine E-Mail aus Ingolstadt, in der er aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Themen seiner Branche analysiert und kommentiert. Als Mitbegründer und langjähriger Präsident des Bundesverbandes eMobilität gilt Sigl als Leitfigur auf den Gebieten der Elektromobilität und der erneuerbaren Energie. Der kernige Oberbayer, einst im Dienst von Audi, punktet mit seiner über Jahrzehnte ausgeprägten Expertise und der Gabe, Menschen zusammen zu bringen. Mit Nachdruck arbeitet er daran, traditionelle Strukturen und Denkmuster zu hinterfragen, um Raum für neue und zukunftsfähige Modelle zu schaffen.