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AutorenbildKurt Sigl

Kommentar von Kurt Sigl: German Angst, Teil II

Sie erinnern sich: In meiner jüngsten E-Mail aus Ingolstadt hatte ich bereits ausführlich auf überzogene Ängste der Deutschen mit Blick auf die Entwicklung der Elektromobilität hingewiesen. Was soll ich Ihnen sagen, es lässt sich ausbauen.


Während die Kapitale Peking gerade mit der viel beachteten Messe Auto China 2024 das Aufleben einer neuen IAA erfahren durfte und passenderweise ein wahres Feuerwerk elektrisch angetriebener Innovationen gezündet hat, macht Deutschland vor der Europawahl eine Kehrtwende – bezogen auf das Aus des Verbrenners. Neben der Regierung treten auf einmal Politiker von rechts bis links auf die Bremse. Die BSW-Chefin Sahra Wagenknecht, Bundesverkehrsminister Volker Wissing und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sind urplötzlich einer Meinung: Die Technologie der Verbrenner dürfe nicht anderen Ländern überlassen werden Es wäre unentschuldbar, diese Industrie kaputtzumachen.


Was für eine Rolle rückwärts in der Mobilitätswende! Ein Plädoyer für die Vergangenheit! Und wie schädlich!


Womöglich haben die Redner die Folgen des Atomausstiegs vor Augen. Sie merken, politische Entscheidungen sind kein Zuckerschlecken – und machen prompt das Falsche.


Mit dem Zurückrudern verstärkt sich das „Vielleicht“ bezüglich der Elektromobilität, das Tempo lässt nach und Pionierunternehmen werden nachhaltig geschwächt. Es betrifft inzwischen selbst Riesen wie Tesla. Das US-Unternehmen hat mit seinem Werk in Deutschland bewusst auf das im Koalitionsvertrag festgehaltene Ziel von 15 Millionen Elektroautos gesetzt.


Stattdessen erleben alle Reformer die realpolitische Ernüchterung: Förderung für E-Autos gecancelt, Bus- und Lkw-Prämien gestoppt, Leichtfahrzeuge nie mit eingeplant und auch die Batterieforschung reduziert. Die Maßnahmen der Ampel-Koalition lesen sich inzwischen wie ein Plan, Deutschland gezielt aus dem Rennen für die neuen Antriebsmodelle zu nehmen.


Glauben wir wirklich, dass wir eigene Nachfragemärkte schaffen können? Ist die Abgrenzung jetzt unser oberstes Motto? De-Risking als Hoffnungsträger? Was, wenn es doch nur Vogel-Strauß-Politik ist? Die Verzagtheit deutscher Entscheidungsträger ist umfassend. Und bereits jetzt steht fest: Wie es auch ausgeht, sie werden ein Teil der Schuld tragen.


 

Hier schreibt der Kurt Sigl


Er streitet, poltert und insistiert. Er treibt und verbindet, erklärt und stört. Kurt Sigl ist Experte der Elektromobilität und schickt für jede Ausgabe von electricar eine E-Mail aus Ingolstadt, in der er aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Themen seiner Branche analysiert und kommentiert. Als Mitbegründer und langjähriger Präsident des Bundesverbandes eMobilität gilt Sigl als Leitfigur auf den Gebieten der Elektromobilität und der erneuerbaren Energie. Der kernige Oberbayer, einst im Dienst von Audi, punktet mit seiner über Jahrzehnte ausgeprägten Expertise und der Gabe, Menschen zusammen zu bringen. Mit Nachdruck arbeitet er daran, traditionelle Strukturen und Denkmuster zu hinterfragen, um Raum für neue und zukunftsfähige Modelle zu schaffen.

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