Stärker, effizienter, nachhaltiger: Die Batterien sind das Kernelement der Elektroautos. Dynamisch und im stetigen Rhythmus werden sie optimiert.

Verglichen mit der filigranen Verbrennungsmaschine ist der Elektromotor ein technisch bescheidenes Konzept. Bewegt von Magnetfeldern rotiert in einem Gehäuse ein mit Draht umwickelter Anker – fertig ist der E-Antrieb. Kein Kolben, keine Einspritzdüse, kein Turbolader. Entwickelt und patentiert 1866 durch Werner von Siemens, also bereits zwei Jahrzehnte vor dem Benz’schen Dreirad. Langlebig, wartungsarm, preisgünstig. Der Elektromotor ist eigentlich wie gemacht für die Massenproduktion im Auto.
Das Problem ist der Strom. Man kann seine Richtung, Spannung und Stärke wunderbar manipulieren – doch leider nur aufwändig speichern. Dies wiederum verträgt sich schlecht mit der Reichweitenangst vor allem deutscher E-Autofahrer. Und so werden, neben dem Netz von Ladesäulen, die Batterien zum Maßstab der Mobilitätswende schlechthin. Das Ideal: kompakt, leistungsstark, umweltverträglich und selbstverständlich billig. In dieser Kombination allerdings nicht zu haben. Jedenfalls noch nicht.

Vorrangig in Asien produziert
Also wählen viele das Extrem: Die Elektrolimousine Lucid Air kommt offiziell 960 Kilometer weit, der Mercedes EQS immerhin 820 Kilometer. Auch bei den Nutzfahrzeugen wird aufgerüstet. Renault Trucks will Schwerlaststromer mit 800 Kilowattstunden starken Speichern auf den Markt bringen. Nur wenige Hersteller wie etwa Mazda stemmen sich mit Rightsizing gegen die grassierende Akkuadipositas. Ihr Credo: Kleine und damit leichtere Batterien hinterlassen nachweislich den deutlich schmaleren CO2-Abdruck.
Weltweit wird daher geforscht und experimentiert. Doch produziert werden die wichtigen Zellen vorrangig in Asien, erst langsam wachen die Europäer auf. Stellantis plant mit dem chinesischen Akkuriesen CATL vier Milliarden Euro in ein Zellwerk im spanischen Saragossa zu investieren, Ende 2026 soll die Produktion anlaufen. In Deutschland hingegen häufen sich schlechte Nachrichten. Bei VW in Salzgitter könnte im Zuge der Sparpläne eine von zwei geplanten Fertigungslinien fallen. Ungemach auch beim Northvolt-Werk im norddeutschen Heide. Der schwedische Batteriebauer hat eine Sanierung nach US-Insolvenzrecht beantragt. Auf der Kippe stehen 600 Millionen Euro Fördergeld – und Speicher für ganze Baureihen von Porsche und Audi.
Sinkende Preise erwartet
Das Hauptproblem der Hochvoltbatterie jedoch ist eher ein technisches. Trotz enormer Fortschritte scheint die Energiedichte der üblichen Lithium-Ionen-Akkus weitgehend ausgereizt. Sprünge bei der Entwicklung werden damit zunehmend unwahrscheinlicher. Saft für 300 Kilometer im Format eines Schuhkartons dürfte mit dieser Technologie utopisch bleiben.
Bewegung gibt es eher beim Preis. Aktuell kostet die Kilowattstunde im Weltmarktschnitt erstmals weniger als 100 Dollar. Grund sind fallende Rohstoffnotierungen und Überkapazitäten in den chinesischen Werken. Für die Zukunft erwarten Marktbeobachter weiter sinkende Preise. Das hat auch mit den neuen Lithium-Eisenphosphat-Speicher (LFP) zu tun. Sie gelten als sicherer, haltbarer und günstiger – schwächeln jedoch bei der Energiedichte. Was etwa den chinesischen Auto- und Batterieproduzenten BYD inspiriert hat, für 2025 in Form und Anordnung nachzubessern.

Neue Varianten
Attraktive Alternativen wie diese ermöglichen Vielfalt künftig keineswegs allein über die Größe der Batterie, sondern auch über die Qualität der Zellen. Für die neue Mercedes-Baureihe CLA stehen künftig auf identischem Bauraum ein Performance-Akku – Nickel-Mangan-Kobalt – mit 85 kWh und ein preiswerterer LFP-Speicher mit 58 kWh zur Wahl.

„Wichtig ist, dass wir die Chemie verstehen, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können“, sagt Uwe Keller, bei den Stuttgartern verantwortlich für die Batterieentwicklung. Und selbstverständlich suchen sie auch im Electric Software Hub in Sindelfingen nach dem heiligen Gral – der Festkörperbatterie, bei der Plus und Minus keine Flüssigkeit trennt, sondern eine hauchdünne Schicht aus Glas oder Keramik. Aktuell dominiert auch hier China, Toyota plant die Technologie immerhin ab 2027 serienreif zu haben, bei Mercedes und Hyundai steht 2030 im Kalender.

Länger haltbar als erwartet
Doch Forschung hin oder her: Die Batterie bleibt das mit Abstand teuerste Teil des E-Autos – und gilt damit vor allem im Gebrauchtwagen als Risiko. Etwaigen Sorgen begegnen die Hersteller mit umfangreichen Versprechen. Acht Jahre und 160.000 Kilometer für meist 70 Prozent der Kapazität garantieren die Autobauer im Schnitt. Toyota setzt noch einen drauf und steht beim Lexus UX300e für eine Million Kilometer und zehn Jahre gerade, beim Transporter Proace Electric sogar für 15 Jahre. Und wie man weiß, rechnet Toyota eher konservativ.
Untersuchungen stützen die Zuversicht bezüglich der Lebensdauer. Akkus von Elektroautos halten, so lautet inzwischen die branchenweite Erkenntnis, deutlich länger als erwartet. Das Battery Center an der Universität Stanford veranschlagt ein Plus von bis zu 40 Prozent, weil die Nutzung im Alltag deutlich materialschonender verläuft als im Labor.
Akkus zum Austausch
Eine weitere Studie auf Basis von mehr als 7.000 Diagnosedaten erbrachte selbst bei Laufleistungen von 300.000 Kilometern noch durchschnittliche Leistungswerte, im Fachjargon State-of-Health (SoH), von knapp unter 90 Prozent. Trotzdem bauen die Unternehmen mittlerweile vor. Im jüngst erweiterten Battery Refurbishment Center am Stammsitz Rüsselsheim etwa bereiten Opel-Techniker Stromspeicher mit defekten Steuergeräten oder Zellschäden auf. Frisch überholt eignen sie sich perfekt als kurzfristiger und preiswerter Akku zum Austausch.
Ginge es indes nach der Mehrheit der Deutschen, wäre der Batteriezustand schlicht kein Thema. Rund 63 Prozent schwärmen laut einer TÜV-Umfrage für den Wechselakku. Kein Kabelsalat im Nieselregen, kein langes Warten und stets die neueste Technik an Bord. Einfach den Wagen vor einer Swap-Station abstellen – nach fünf Minuten automatischer Untergrundarbeit ist alles erledigt. So schnell ist kaum das Pausenkäffchen ausgetrunken. Aussicht auf Erfolg scheint das Modell indes wenig zu haben. Gerade einmal die chinesische Marke Nio vertraut darauf – und deren Netz darf man durchaus als grobmaschig bezeichnen.
Perfekt wiederverwertet
Welches Konzept auch immer: Was tun, wenn die Kapazität einfach nicht mehr reicht? Recyceln direkt nach dem Einsatz im E-Auto wäre zu früh, sagen Fachleute. Und so schenken diverse Hersteller den Batterien ein zweites Leben – wie etwa Renault in der Re-Factory. Gebrauchte Zellen verlassen das Werk im französischen Flins in stapelbaren Akkupaketen, die großen Legosteinen ähnlich auf einer Art Sackkarre montiert sind, in der sich Wechselrichter und Ladegerät befinden.
Die rollende Powerbank eignet sich – anders als Generatoren – auch für geschlossene Räume. Und das ist nur eine Anwendung von vielen. Transportable Stromspeicher können auch bei Dreharbeiten verwendet werden, in mobilen Küchen oder Elektrobooten – und in Massen beim Puffern von Wind- und Solarstrom. Mehr als zehn Jahre sind die Second-Hand-Akkus auf diese Weise noch einsatzbereit.

Effektive Materialwirtschaft
Ist der Saft endgültig alle, wartet die Wiederverwertung. Schließlich sind die meisten Bestandteile selten und teuer. Vor allem aber heiß begehrt. Allein für den Bereich E-Mobilität veranschlagt das Fraunhofer-Institut bis 2030 einen Anstieg des Lithiumbedarfs um das Zwanzig- bis Vierzigfache. Das meiste davon müsste ohne Recycling neu abgebaut werden – mit all den Kosten, den politischen Abhängigkeiten und den Folgen für die Umwelt. Einen Gral suchen darum auch die Verwerter: frische Zellen rein aus Recyclaten. Problem dabei: Weil die Batterien so lange leben, dürften vor 2040 nur höchst überschaubare Mengen an Material anfallen.
Zellforscher im Dauermodus
Parallel läuft die Fahndung nach Alternativen: Batterien mit Magnesium zum Beispiel, Zink oder Calcium. Die aktuell größte Hoffnung ist Natrium – günstig, überall verfügbar und unproblematisch. Erste Speicher sind serienreif. Ihr Manko: Weil die Energiedichte aktuell noch hinter Lithium-Eisenphosphat-Zellen liegt, eignen sie sich allenfalls für Kleinwagen.
Weiter geht auch das immer neue Tarieren zwischen Form, Reichweite, Leistung, Ladetempo, Gewicht und Kosten einer Batterie. Eine Art „Zehnkampf“, nennt Benz-Entwickler Keller die tägliche Tüftelei. Weil alles irgendwie mit allem zusammenhängt, haben die Zellforscher bei der Gralssuche noch gut zu tun.
Stellantis: Recycling in Turin
40 Millionen Euro hat der Automobilkonzern in das Sustainera-Zentrum für Kreislaufwirtschaft in der italienischen Metropole investiert, das seit gut einem Jahr in Betrieb ist. Dort werden Motoren, Getriebe und Hochspannungsbatterien für Elektrofahrzeuge wiederaufbereitet. Zudem gilt es, E-Modelle generell zu überholen oder zu demontieren. Bis Ende des nächsten Jahres plant Stellantis rund 550 Mitarbeiter in diesem hochmodernen Betrieb einzustellen. Das Geschäft mit der Kreislaufwirtschaft betrachten die Strategen als wichtiges Element auf ihrem Weg, bis 2038 ein Konzern mit Netto-Null-CO2-Emissionen zu werden.